Der Text Über das Marionettentheater von Heinrich Kleist ist ein „Muss“ für jeden Schauspieler.
In allen Disziplinen, sei es Kunst, Schauspiel, oder gutem Handwerk geht es darum den richtigen Schwerpunkt zu finden. Findet man ihn, fliesst es, entsteht der Zauber der Dinge. Die Fähigkeit eine Marionette zu führen erfordert diese Hingabe und Kenntnis.
Über dies schreibt Kleist einen hervorragenden Text, der nun für uns von den beiden Schauspielern vorgetragen wird.
Heinrich Kleists Leben war geprägt vom ruhelosen Streben nach idealem Glück, das sich jedoch immer wieder als trügerisch erwies, und dies spiegelt sich in seinem Werk wider. Geistesgeschichtlich lässt sich Kleist allerdings nur schwer einordnen: Weder in den Kreis der romantischen Theorie noch in den klassischen Diskurs kann man Autor und Werk ohne weiteres eingliedern.
Es sei an dieser Stelle auf Kleists kurze Erzählung Über das Marionettentheater hingewiesen. Die frühe Kleist-Forschung hat diesen Text stets als mehr oder minder theoretische Abhandlung Kleists gelesen und versucht, denselben im Sinne der ästhetischen Programmatik des romantischen Diskurses zu deuten. Neuere Versuche der Interpretation – insbesondere jene, die einem dekonstruktivistischen Interesse entspringen – betonen dementgegen das subversive Potenzial des Textes und sehen den zentralen Gehalt in der spielerisch-ironischen Demontage des zeitgenössischen ästhetisch-idealphilosophischen Diskurses. So werden die Marionetten etwa als „das Gegenteil des Ichs“ und „die im Text erzählten Episoden [als] Bilder der Unidentität“ im Sinne fehlender Autonomie interpretiert.
Roberto Bargellini
Geboren 1957. Kindheit in der Toscana. Schulen und humanistische Maturität in Winterthur. 1983 Abschluss an der Schauspiel-Akademie Zürich (heute ZHDK). Bis 1988 Engagements an städtischen Bühnen (Basel, Luzern). Seither freier Schauspieler, Sprecher, Regisseur, mitunter in Musik- und Figurentheaterprojekten, vorzugsweise entlang der lateinisch-germanischen Sprachgrenze. Seit 1997 Verfasser diverser Libretti und anderer Bühnentexte. Auf der Suche nach einer künstlerischen Identität zahlreiche kulturelle Migrationshintergründe durchstreift. Seit gut fünfzehn Jahren zunehmende Kontinuität als bildender Künstler. Lieblings-Etikett: “Publikumsscheu.”
Jupp Saile
Geb 1938 in Köln. 1956 begann er seine Schauspielausbildung an der Folkwangschule in Essen. Ueber verschiedene Engagements in Münster, Freiburg, Frankfurt und Braunschweig kam er 1978 nach Basel, wo er bis 1990 blieb. Es folgten Tourneen durch unzählige deutsche Städte und einige feste Engagements wie in Luxemburg, Augsburg und Luzern. Jupp Saile spielte auch in verschiedenen Hörspielen, Fernsehproduktionen und Filmen mit.
Noch immer ist er voll in seinem Element, liest unglaublich spannend und intensiv. Ein Abend mit diesem sympathischen älteren Schauspieler ist ein grosser Genuss.