H95 Raum für Kultur

Salon Ladies First

Liederabend mit Liedern der Komponistinnen aus dem 19.& 20. Jhd

Freitag, 15. Juni 2018, 20:30h

H95 Raum für Kultur, Türöffnung 19:30h, Eintritt frei – Kollekte

Ladies First.

Die Tür wird geöffnet. Aber die Türöffnung war in vergangenen Jahrzehnten für Frauen knapp bemessen. Es wurde zwar erwartet, dass sie allen alltäglichen Verpflichtungen in aller Perfektion nachgehen. Es gehörte auch zum guten Ton, intelligente und unterhaltsame Konversationen zu führen, schöne Handarbeit zu machen, gefällig zu malen, zeichnen, Klavier zu spielen und schön zu singen… Aber die eigene Kreativität und Ideen auszuleben, ein eigenständiges, unabhängiges schöpferisches Leben zu führen, das war eine andere Sache. Nur wenigen Frauen, die Theorie und Komposition professionell erlernen konnten oder durften, wurde möglich ihre eigenen Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren, zu verlegen und davon auch zu leben. Öffnen wir die Tür – breit - damit diese, viel zu wenig gehörte wunderschöne Musik in ihrer ganzen Palette erklingt.
Mojca Vedernjak
Mezzosopran
Stefka Perifanova
Klavier

Programm

Teil 1

Fanny Hensel (1805 – 1847)

Three Songs on Poems by Lord Byron

  1. There be none of beauty’s daughters
  2. Bright be the Place of Thy Soul
  3. Farewell!

Clara Schumann (1819 – 1896)

  1. Die gute Nacht, die ich dir sage
  2. Oh weh des Scheidens, das er tat
  3. Am Strande
  4. Ihr Bildnis

Pauline Viardot (1821 – 1910)

Drei Lieder auf Texte Eduard Mörike

  1. In der Frühe
  2. Der Gärtner
  3. Nixe Binsefuß

PAUSE

Luise Greger (1862 – 1944)

  1. Ich wollt‘, ich wär’s des Sturmes Weib
  2. Nun steigt aus blauen Tiefen
  3. Über die Haide
  4. Über die Berge weit
  5. Schließe mir die Augen beide

Dora Pejačević (1885 – 1923)

Drei Gesänge Op. 53

  1. Venedig
  2. Vereinsamt
  3. Der Einsamste

Alma Mahler (1879 – 1964)

  1. Licht in der Nacht
  2. Waldseligkeit
  3. Lobgesang

Zu den Komponistinnen

Teil 1

Fanny Hensel

geborene Mendelssohn (1805 - 1847), gilt als eine der fruchtbarsten deutschen Komponistinnen des frühen 19. Jahrhunderts. Die Nachkommen ihrer Familie hielten ihre Werke bis Anfang der 1960 Jahre unter Verschluss. Ihre Musik, es gibt über 450 Werke, ist somit dem breiterem Musikpublikum noch immer zu wenig bekannt. Aus einer wohlhabenden Familie stammend, bekam Fanny, wie alle ihre Geschwister, eine vielseitige Allgemeinbildung, pädagogisch angeführt von Mutter Lea. Mit dem Bruder Felix wurden sie in Klavier und Komposition unterrichtet. Sie ist auch im Sprachenlernen sehr begabt. Hochintelligent und wissensdurstig lernt Fanny die englische, französische, lateinische und griechische Sprache. Die drei Lieder aus dem »Three Songs on Poems by Lord Byron« vertonte Fanny Hensel zwischen Dezember 1836 und Sommer 1837. Einige Jahre vorher schrieb sie an Felix über die Lektüre der Byrons Gedichte: „… Allein was durch alle diese Poesie durchdringt, das ist die Gewalt seines Rhythmus, der wunderbare Klang seiner Verse in dieser wiederstrebenden Sprache, das ist das tiefpoetische seines ganzes Wesens“ . (Weissweiler, Fanny Mendelssohn, Ein Portrait, S. 136).

Clara Schumann

geborene Wieck (1819 – 1896). Fast das ganze 19. Jahrhundert hat sie der musikalischen Szene angehört als hochgeschätzte, verehrte Pianistin. Ihr Vater, der ihr Lehrer und Impresario war, liess ihr auch Kompositionsunterricht zukommen. Er erhoffte sich damit, dass sie als Wunderkind noch mehr Bestaunen mit von ihr geschriebenen Werken auf dem Konzertpodium erwirken konnte. Mit Disziplin und Durchsetzungsvermögen bewältigte sie ihren strengen Tagesablauf, sei es als junge Clara Wieck wie auch später in der Ehe mit Robert Schumann. Mit Robert strebten sie nach dem Ideal als Künstlerpaar zu leben, was nicht ohne Probleme und Krisen vor sich ging, da sie teils ganz verschiedene Vorstellungen darüber hatten. Robert hat Clara zum Komponieren immer ermutigt. So hatte er den Plan, Rückerts 12 Lieder »Liebesfrühling«, als Dialog konzipierter Zyklus gemeinsam zu vertonen. Diese gemeinsame Ausgabe ist zu Claras 22. Geburtstag am 13.9.1841 erschienen. Das Lied »Liebst du um Schönheit« ist eines der drei Lieder, die Clara beigetragen hat. Viele ihrer Lieder hat sie Robert zum Geburtstag, wie das Lied »O weh des Scheidens« oder zu Weihnachten (»Am Strande«) geschenkt. Ab 1853 komponiert Clara keine Lieder mehr.

Pauline Viardot

geborene Garcia (1821 – 1910), stammte aus der berühmten Sängerfamilie Garcia. Die Mutter Joaquina Sitchez wie der Vater Manuel, Tenor und Gesangspädagoge, waren die ersten Lehrer ihrer Kinder: der Schwester Maria, die als grosse Malibran in die Geschichte einging, des Bruders Manuel, der später einer der berühmtesten Gesangslehrers des 19. Jahrhunderts wurde und Pauline. Pauline Viardot, Opern- und Konzertsängerin, Pianistin, Komponistin und Gesangslehrerin. Sie komponierte Lieder, die sie in verschiedenen Sprachen und Stilen schrieb, Klavierwerke, Kammermusik und „Opérettes de salon“, wie aber auch verschiedene Bearbeitungen fremder Werke. Ihre Lieder sind wie eine Brücke, die Verbindung zwischen ihr und dem Publikum, wo auch immer sie auftrat, herstellen. So kommunizierte sie mit ihnen in verschiedenen Ländern und Sprachen. Diese Werke haben grosse Verbreitung in Deutschland, Frankreich und Russland gefunden. In den Liedern aus »Drei Lieder auf Texte von Eduard Mörike« ist die Freude am Musizieren und die grosse Theaterleidenschaft deutlich herauszuhören.

Teil 2

Luise Greger

geborene Sumpf (1862 – 1944). In einer wohlhabenden Familie in Greifswald geboren, erhielt sie als 5-jährige Klavierunterricht, später auch Kompositionsunterricht beim Greifswalder Musikdozenten Carl Ludwig Bemmann. Mit 11 Jahren beginnt sie auch Lieder zu komponieren. Luise Greger gab selbst an, dass die weitere musikalische Ausbildung in Berlin folgte. Gesangsunterricht erhielt sie bei Hedwig Wolff, gleichzeitig besuchte sie eine Ausbildung an der Musikhochschule Berlin. In der Berliner Zeit erhielt sie, so wie aus einem in Familienbesitz erhalten gebliebenen Fragebogen der „Reichsmusikkammer – Arbeitsausschuss III (Stimmbildungsfragen)“ vermerkt ist: „Berufstitel Komponistin No 02199“. In Berlin heiratete sie und zog mit der Familie 1894 nach Kassel-Wilhelmshöhe, wo sie und ihr Mann eine Kuranstalt eröffneten. Komponieren und künstlerische Betätigung geriet in den Hintergrund. Erst nach ihrer Scheidung im Jahr 1911 veranstaltet sie vermehrt in ihrer Kasseler Wohnung Salons, wo sie als Komponistin und Sängerin auftrat. Wie es sich in den Recherchen bisher herausstellte, war sie zu ihren Lebzeiten in Deutschland und im europäischen Ausland sehr bekannt und ihre Lieder, in romantischer Weise geschrieben, sehr beliebt. Über 100 Lieder hat sie komponiert. Ihre Werke sind im Selbstverlag und vieles im Verlag Walter Simon in Kassel veröffentlich worden. Vor allem vertonte sie die Texte zeitgenössischer Dichterinnen und Dichter. Sie starb 1944 in Merxhausen.

Dora Pejačević

(1885 – 1923), kroatische Komponistin, Pianistin und Geigerin, gilt als kroatische Vertreterin der Moderne. Im Jahr 1985, anlässlich ihres 100. Geburtstags, begann ihre Wiederentdeckung. Sie bewunderte Wagners sowie Mahlers Musik. Als Tochter des kroatischen Banus und einer ungarischen Baronin wurde sie in Budapest geboren. Die Familie lebte in ihrem Schloss in Našice in Kroatien. Ihre Eltern unterstützen und fördern das Talent ihrer Tochter. Musikunterricht bekam sie als Kind im kroatischen Musikverein in Zagreb. Privatunterricht in Kompositionslehre erhielt sie bei Percy Sherwood in Dresden und bei Walter Courvoisier. Bei Henri Petri in München bekam sie Geigenunterricht. Ihr weiteres musikalisches Wissen hat sie sich meist autodidaktisch beigebracht, da sie mit vielen der führenden europäischen Kultur- und Kunstpersönlichkeiten der Zeit in regem Austausch stand. Ihr Ouvre beinhaltet Vokalwerke für Singstimme und Orchester, Orchesterwerke und Klavier wie Kammermusik. Ihre Werke wurden in Kroatien wie auch im Ausland aufgeführt. Der Zyklus »Drei Gesänge« op. 53 ist auf Texte Friedrich Nietzsches vertont. Die Lieder wurden in den Jahren 1919 / 1920 geschrieben und stellen den Höhepunkt ihres Schaffens dar. Dora Pejačević stirbt in München, kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes an Leberversagen.

Alma Mahler

(1879 – 1964), in der künstlerischen Familie Schindler in Wien geboren. Ihr Vater war Landschaftsmaler, ihre Mutter eine Sängerin. Die finanzielle Lage der Familie verbesserte sich, als ihr Vater mit einem Künstlerpreis ausgezeichnet wurde. Almas Interesse für Literatur und Musik unterstützte er und förderte sie. Eine formale Ausbildung bekam sie nicht. Klavierunterricht nahm sie bei Adele Radicky-Mandlick. Kompositionsunterricht bekam sie beim Wiener Organisten und Komponisten Josef Labor, später auch bei Alexander von Zemlinsky. 23 Jahre ist sie alt, als sie Gustav Mahler heiratet. Vor dieser Heirat hat er ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben, was er von ihr erwarte. Komponieren war unerwünscht. Wegen ihrer zahlreicher Liebschaften und ihrer drei Ehemänner ist sie eher als eine Femme fatal bekannt geworden. Warum hat sie nicht die Entscheidung getroffen, sich als Komponistin durchzusetzen und nicht der „Steigbügel“ für andere zu sein, wie sie später über sich sagte? Mahler hat in seinen letzten Lebensjahren, nach ihrer schweren Ehekrise, eingesehen was in ihr wohl vorhanden war. Sie komponierte um die 100 Lieder, verschiedene Instrumentalstücke und den Anfang einer Oper. Weitere Kompositionen, welche sie vorher nicht selbst zerstört hat, gingen während des II. Weltkrieges verloren. Eine Auswahl aus ihren 16 verbliebenen, spannenden, leidenschaftlichen Liedern sind „Licht der Nacht“ aus 1901, „Waldseligkeit“ revidiert 1911 und das im Jahr 1924 veröffentliche „Lobgesang“. Alma Mahler stirbt am 11. Dezember 1964 in New York.